Warum Veränderung so schwer ist

Eisberg voraus - Warum Veränderung so schwer ist

Lesezeit: Für durchschnittliche Leser (200 WPM): ca. 4-5 Minuten
Vor einigen Wochen hatten wir einen Grillabend als Pastoren in dieser Region bei unserem Regionalleiter Andreas Ernst und seiner Frau Renate. Ich möchte hier mal anfügen, dass wir dankbar sein können, so ein tolles Regionalehepaar zu haben. Die Ernsts machen das wirklich toll und wir sind dankbar für sie.

Als wir dort waren, hat uns der Regionalleiter ein Geschenk gemacht: ein Buch, das ihn berührt hat und von dem er dachte, dass es gut für uns ist - "Eisberg voraus" von Carey Nieuwhof. Mich hat ein Kapitel besonders angesprochen in diesem Buch: das Kapitel über die Veränderung.

Wenn die Zeit stehen bleibt

Nieuwhof nennt ein einfaches Beispiel, um zu zeigen, wie schwer es für uns ist, Dinge zu verändern: Wenn du alte Leute in ihren Häusern oder Wohnungen besuchst, dann kommt es dir vor, als würdest du in die Zeit zurückreisen. Alles ist im Sechziger- und Siebzigerjahre-Style und du denkst: "Oh, hier ist irgendwie alles stehen geblieben."

In einer gewissen Weise ist das auch so, und er erklärt gut, warum das so ist: Die Leute haben in ihr Haus, in ihre Wohnung investiert. Die Möbel waren keine billigen, die waren teuer - und das tauscht man einfach nicht so aus. Alles verständlich, und trotzdem zeigt es uns etwas: wie schwer es doch für uns Menschen ist, uns zu verändern.
Ein weiterer Punkt, den er bringt: Veränderungen kommen eigentlich immer ungebeten. Sie kommen in Momenten, wo wir sie nicht brauchen. Ich glaube, es ist wirklich so, dass wir Menschen uns nicht gerne verändern. Und wenn wir gerade noch in Zeiten leben, wo sich um uns herum alles verändert, dann sehnen wir uns nach den Orten, wo noch alles so ist wie es früher war - und auch bleibt. Denn da fühle ich mich heimisch, da weiß ich, wie es riecht und wie es schmeckt und wie es ist, und da brauche ich mich nicht zu verändern.

Drei Gründe, warum wir Veränderung meiden

Nieuwhof nennt drei Punkte, warum wir uns nicht gerne verändern:

Der erste ist, dass wir nicht grundsätzlich gegen Veränderungen sind. Nur wir sind gegen die Veränderung, die wir nicht selbst hervorgebracht haben. Das heißt: Wenn ich mich entscheide, dass jetzt Zeit ist für ein neues Sofa, dann ist das in Ordnung. Aber wenn jemand für mich entscheidet, dass jetzt Zeit ist für ein neues Sofa, dann möchte ich das nicht - höchstwahrscheinlich, weil ich nicht die Kontrolle darüber habe.
Der zweite Punkt ist auch etwas, das mit dem Alltag geschieht: dass wir nicht mehr so viel Appetit auf Neues haben. Wenn wir jung und dynamisch sind, wollen wir die Welt verändern, neue Dinge kennenlernen. Aber umso älter wir werden, umso gemütlicher werden wir: "Ja, warum soll ich das jetzt noch? Und warum dieses? Und warum jenes?" Das ist in vielen Punkten ja auch berechtigt und sicherlich auch verdient - aber leider auch nicht immer förderlich.

Der dritte Punkt: Erfolg kann veränderungsfeindlich sein. Wenn etwas funktioniert - sei es gerade jetzt oder weil es in der Vergangenheit funktioniert hat - dann fragen wir uns: "Warum soll ich das verändern?" Der Erfolg bestätigt uns in dem, was wir tun, und motiviert uns, genau so weiterzumachen.

Hier kommen auch die berühmten Sätze wie "Das haben wir schon immer so gemacht" oder "Wenn es nicht kaputt ist, repariere es nicht" ins Spiel. Erfolg kann uns blind machen für notwendige Veränderungen, weil er uns das Gefühl gibt, alles richtig zu machen.
Foto by Ricardo Oritz von Pexels

Das Kodak-Beispiel: Wenn Erfolg zur Falle wird

Nieuwhof nimmt als Beispiel aus der Wirtschaft die Firma Kodak. Ich denke, die Firma Kodak ist ja noch ein Begriff, wenn es um Fotos geht. Kodak war über Jahre hinweg Marktführer im Bereich Fotografie. Interessanterweise haben sie aber den kompletten digitalen Bereich verschlafen und sind heute nur noch ein kleines Unternehmen, das in diesem Bereich, wo sie Marktführer waren, keine Rolle mehr spielt.

Das Ironische daran: Kodak war interessanterweise auch die erste Firma, die 1975 die erste Digitalkamera erfunden hat! Sie haben sich dann aber bewusst dagegen entschieden, diese Technologie zu vermarkten, sondern sie wollten so weitermachen wie immer, weil sie ja auch erfolgreich darin waren, und wollten weiter, dass die Menschen Bilder ausdrucken oder entwickeln lassen.

Sie waren einer der ersten, die eine Website hatten, wo Leute ihre Bilder hochladen konnten. Aber anstatt die Bilder mit anderen zu teilen, wollte Kodak immer, dass die Menschen die Bilder ausdrucken oder entwickeln lassen.

Kodak hat dann in den 2000ern verschlafen, in das digitale Geschäft einzusteigen, wie Canon, Nikon und andere sowie Smartphone-Hersteller. Sie haben diesen Bereich komplett verpasst. Letztendlich haben dann Facebook und Instagram ihnen den Garaus gemacht, und dieser Marktführer ist damit zugrunde gegangen, weil sie gedacht haben: "Ja, es bleibt immer so, wie es war."

Sind wir als Kirche an diesem Punkt?

Und manchmal frage ich mich auch, ob wir als Kirche nicht an diesem Punkt sind. Wir haben die beste Botschaft der Welt, und gleichzeitig frage ich mich bei so mancher Kirche, die ich besuche, ob wir nicht doch in einer anderen Zeit gelandet sind. Was ist uns wichtig? Wo dürfen wir - wo sollen wir uns verändern, um die nächste Generation zu erreichen?

Kurzer Einschub: Wenn ich von Veränderung spreche, dann bedeutet das auch, dass wir unsere Werte und unser Verständnis der Bibel nicht verändern, sondern fest stehen in dem, was Generationen vor uns als orthodoxe Lehre gehalten haben.

Drei praktische Schritte zur Veränderung

Nieuwhof nennt drei praktische Schritte, wie wir mit Veränderungen umgehen können:

Der erste Punkt: Fokus auf die Mission, nicht auf die Methoden. Das ist entscheidend! Unsere Mission bleibt immer dieselbe: Menschen sollen Jesus Christus kennenlernen, ihm ähnlicher werden und ihm nachfolgen. Diese Mission ist unveränderlich. Aber die Methoden - die Art, wie wir diese Mission umsetzen - die dürfen und müssen sich verändern.

(Ich glaube, dass attraktionale Gottesdienste im Vorbild von Willow Creek und Hillsong für unsere Zeit nicht mehr die Methode sind, sondern meine Frage ist: Herr, was ist jetzt dran?)
Als zweiten Punkt nennt Carey: die Kultur beobachten. Und da frage ich mich ganz ehrlich: Wer von uns weiß wirklich, was in den Menschen um uns herum vorgeht? Was sind ihre Nöte? Was sind ihre Fragen? Was beschäftigt sie? Wo sind sie gerade dran? Oder erstellen wir als Gemeinde Lösungen auf Probleme, die die Kultur um uns gar nicht hat?

Was berührt die junge Generation? Was ist das, was die Älteren, die Senioren in den Heimen berührt? Wissen wir, wie es unserer Kultur um uns herum geht? Was geht in Menschen in Randgruppen vor, wie Obdachlose oder Geflüchtete? Wie geht es Topmanagern, Alleinerziehenden, Trauernden, Kranken usw.?

Und den dritten Punkt, den er nennt, ist sich mit jüngeren Menschen umgeben. Es ist interessant zu sehen: Wenn Großeltern mit ihren Enkeln zusammen sind, werden sie plötzlich wieder jünger. Da rennt der Opa, der sonst normal läuft. Die Oma, die sich so gut deutsch ausdrücken kann, fängt plötzlich an, in Baby- und Kindersprache zu sprechen. Es macht etwas mit einem, wenn die Enkel da sind. So kann ich das bei meinen Eltern und anderen Omas und Opas beobachten.

Ich glaube, wir dürfen dies in unser Leben mit einbauen. Lass uns generationsübergreifend leben. Die Jüngeren benötigen die Älteren, genauso wie die Älteren die Jüngeren benötigen. Als Gemeinde und auch als Gesellschaft kommen wir nur gemeinsam vorwärts.
Einen weiteren Punkt möchte ich noch hinzufügen: bereit sein, radikal zu werden. Wo müssen wir vielleicht auch radikale Schritte gehen, damit wir weiterhin die Menschen erreichen? Wo müssen wir als Gemeinde radikale Schritte machen, um zum Beispiel eine nächste Generation zu erreichen?

Wir haben als Beispiel jetzt in unserer großen Kindergruppe zu viele Kinder. Wir müssen eine dritte Gruppe bilden. Wer ist dabei zu sagen: "Ich mache den radikalen Schritt. Ich gehe einmal im Monat nicht sonntags in den großen Saal, sondern ich investiere mein Leben in diese Generation"? Ja, ich verändere mich, und gleichzeitig bleibe ich Teil unserer gottgegebenen Mission.

Unser Anker in der Veränderung

Eins ist klar: Veränderung ist ein stetiger Begleiter unseres Lebens. Er ist nicht immer leicht, und deswegen ist es so gut zu wissen, dass Jesus Christus sagt: "Ich bin derselbe gestern, heute und in alle Ewigkeit."

Lass uns miteinander sprechen und diskutieren: Wie können wir gemeinsam unsere Mission umsetzen, so dass sie diese Generation, in der wir gerade leben, erreicht und berührt?

Ein weiterer letzter Punkt: Lass uns gemeinsam verhindern, dass wir irgendwann mal mit Bedauern und Reue zurückschauen und sagen: "Ach, hätten wir uns damals doch nur verändert, dann wären wir heute anders."

Lass uns Menschen sein, die geleitet und geführt vom Heiligen Geist sich auf Veränderungen einlassen.

Was denkst du darüber

Wie geht es dir persönlich mit Veränderung? Was für Gefühle kommen bei dir hoch, wenn sich etwas ändern soll? Hast du gerne Veränderung oder gehörst du eher zu denen, die lieber alles beim Alten lassen würden?

Was denkst du darüber? Wo siehst du Bereiche in unserem Gemeindeleben, wo wir uns verändern sollten? Welche Methoden könnten wir anpassen, um die Menschen heute besser zu erreichen?

Teile gerne deine Gedanken in den Kommentaren!

No Comments


Neuster Blog

Archiv

Kategorien

Tags